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Warum es 5 Wochen ruhig um mich war

Schreibblockade

Lange ist es hier ruhig um mich gewesen. Geplant hatte ich es nicht, und toll fand ich es auch nicht. Aber wie so oft im Leben kam eins zum nächsten und – schwupps – waren 5 Wochen um.

Bei Veröffentlichung des letzten Artikels, der ja „nur“ ein Video war, dachte ich noch, ich hätte einfach eine Schreibblockade. Auf meinem Rechner stapelten sich zu diesem Zeitpunkt jede Menge Artikel-Entwürfe. Aber so richtig wollte nichts flutschen. Und da ich nur schreibe und veröffentliche, wenn ich im Flow bin, gab es also nichts. Denn es fühlte sich einfach nicht gut für mich an.

Ich war zu diesem Zeitpunkt mitten in der Strahlentherapie und lernte währenddessen meinen Körper noch ein Stückchen besser kennen. Dieser war nämlich ganz wunderbar in den letzten Monaten. Ich bin sehr dankbar, dass er mich so toll durch diese anstrengende Therapie begleitet hat.

Von der Bestrahlung hört man ja alle möglichen Dinge. Es geht über „hatte eigentlich nichts“ bis hin zu „war schwer verbrannt und die Bestrahlung musste abgebrochen werden“. Dazwischen ist natürlich auch alles Mögliche drin. Dazu kommt im Rahmen der Krebs-Therapie allgemein das sogenannte Fatigue-Syndrom. Fatigue bedeutet schlimme Müdigkeit und Antriebslosigkeit, die auch mit Schlaf und Ruhe nicht weggeht. Da ich meinen Körper mittlerweile kenne, habe ich geahnt, dass mich „irgendetwas“ treffen würde. Meine Aufgabe in dieser Zeit bestand also vor allem darin, gut durch diese Therapie zu kommen und das „irgendetwas“ möglichst klein zu halten.

So tun als sei nichts vs. Ruhe, verdammt nochmal

Die MTAs in der Klinik hatten mich vorgewarnt, dass es mich schnell nerven würde, jeden Tag dort aufzuschlagen. Und klar zerhaut dir so ein täglicher Termin immer ein wenig deinen Tag bzw. Terminkalender. Meistens habe ich diesen Termin aber als willkommene Möglichkeit gesehen, an die frische Luft zu kommen. Es war ein Task wie jeder andere in meinem Kalender, und ich habe ihn einfach „erledigt“. Ich hatte immer etwas zu lesen dabei und so ging die Zeit rum.

Dadurch dass ich die erste Hälfte der Bestrahlungszeit auch gearbeitet hatte, habe ich die tägliche Strahlendosis einfach drangehängt und wenig Wirbel darum gemacht.
Mit der Zeit schlug dann aber leichtes Fatigue bei mir zu. Ich verlor an Energie und war stellenweise einfach nur kaputt. Selbst die kleinsten Dinge stressten mich. Ich wollte nur noch meine Ruhe und mich zu 100 % nur auf mich konzentrieren. Somit ließ ich mich wieder krankschreiben und absolvierte den Rest der Therapie dann ein wenig entspannter.

Diese Flexibilität war enorm wichtig für mich. Es ist jederzeit ok, seine Meinung an neue Rahmenbedingungen anzupassen. Am Anfang der Zeit war Arbeiten gut, denn es gab mir Normalität und meinen Tagen Struktur und einen Rahmen. Als es beschwerlicher wurde, klappte das aber nicht mehr. Krankschreiben wurde damit zur einzig sinnvollen Option auf meinem Heilungsweg.

Seinen eigenen Kopf haben

Aus der Strahlenklinik hieß es „Kein Sport“. Auf Nachfrage wurde dies konkretisiert in „Nicht so stark schwitzen“. Für mich bedeutete dies, dass ich meine tägliche Yoga-Einheit weiterhin praktizierte. Aber ich nahm etwas den Fuß vom Gas und übte in dieser Zeit – je nach Tagesform – vor allem ruhigere Sessions. Den Taxischein schlug ich aus und radelte jeden Tag in die Klinik. Bei Wind und Wetter führte mich mein Weg über den Main und zurück. Das tat mir irre gut, und ich zog viel Kraft daraus. Ich bin fest davon überzeugt, dass für mich persönlich die tägliche Bewegung ein wesentlicher Grund dafür war, dass ich mit relativ wenig Nebenwirkungen zu tun hatte.

Man sieht und hört die Strahlen nicht, aber da sie mögliche Krebszellen in meinem Körper abtöten sollen, müssen sie heftig sein. Für mich war daher klar, dass ich meinem Körper zusätzlich unterstützen werde, damit er die Behandlung besser wegsteckt. In Zeiten unnatürlicher Belastung braucht es mehr als einen täglichen Salat, um diese wegzustecken. Und auch wenn es hier unterschiedliche Meinungen gibt, zog bei mir eine Pillenbox ein und mit ihr ein ausgeklügeltes „Was werfe ich wann ein“-System.

Schreibblockade lösen oder Grenzen akzeptieren

Die eine Sache, die ich in dieser Zeit wirklich annehmen und verinnerlichen durfte, war, meine Grenzen zu akzeptieren. Das war nicht immer einfach. Denn ich wollte einfach mehr als ich tatsächlich konnte. Neben vielen anderen Dingen wollte ich auch meine vermeintliche Schreibblockade lösen. Insbesondere in der zweiten Hälfte war ich aber sehr häufig einfach zu platt. Schon Straßen- und Fluglärm stresste mich, so dass ich am liebsten zu Hause blieb. Aber selbst zu Hause, war nicht alles möglich. Ursprünglich wollte ich gerne das eine oder andere aufarbeiten, was schon länger liegen geblieben war. Nach kurzer Zeit am Schreibtisch brauchte ich aber regelmäßig wieder eine Pause.

Wenn du 70 Jahre alt bist und Krebs hast, mag das nicht so schlimm sein. Bist du in meinem Alter und dazu noch wie ich eine leidenschaftliche Macherin, dann kann das ganz schön hart sein. Ich hole mir generell meine Energie aus dem Tun. Und genau das war nicht mehr möglich. In dieser Zeit wog ich also ganz genau ab, worin ich meine Energie steckte. Denn ich hatte ja nicht mehr so viel davon ?

Was wirklich hinter der Schreibblockade steckte

Meine Schreibversuche in dieser Zeit drehten sich um Themen wie innere und äußere Klarheit, die persönliche Balance und den Umgang mit größeren Problemen, wie z. B. einer schweren Erkrankung. Ich merkte, dass sich die Themen und mein Schreibstil veränderten. Waren die Artikel bisher in erster Linie für mich selbst gewesen, um zu verarbeiten und zu sortieren, richteten sie sich nun mehr an den Leser. Ich begann die Artikel so zu strukturieren, dass sie Tipps enthielten, die ich auf Basis meiner Erfahrungen gesammelt hatte. Denn auch ohne Krebsdiagnose gibt es ja Situationen im Leben, in denen man ins Rudern gerät. Situationen, in denen es darauf ankommt, möglichst schnell wieder zu innerer Stabilität zu gelangen, in Balance zu bleiben und sich nach vorne auszurichten. Zu diesem Thema fiel und fällt mir eine ganze Menge ein.

Aber irgendwie passte es nicht hierher, nicht zu „Goodbye Knötchen“. Es war mehr als ein privater Blog, den ich in erster Linie mal ins Leben gerufen habe, um ein Medium zur Krankheitsverarbeitung zu haben. Und um allen besorgten Mitmenschen auf Nachfrage sagen zu können, dass sie bitte auf dem Blog nachlesen sollen, wie es mir genau geht ? Und so blieben die Artikel unvollendet, obwohl ich tausend Ideen hatte. Auf Nachfragen, warum ich nichts mehr veröffentlichen würde, murmelte ich etwas von einer „Schreibblockade“. Das klang auch ein bisschen wichtig, denn haben nicht sogar berühmte Autoren mal solchen Phasen? 😀

Parallel beschäftigte sich mein Inneres in dieser Zeit auch mit meinem Coaching-Business. Das war mein Baby, aber passte es jetzt noch zu mir? Ich hatte schon vor der Diagnose eine intensive Ahnung, dass ich einige Dinge in meiner Selbständigkeit verändern wollte. Nach einem halben Jahr nebenberuflicher Tätigkeit war ich an einem Punkt des inneren „Lessons Learned“. Was lief gut, was lief schlecht? Und am Wichtigsten: Was kann ich besonders gut und was macht mir Freude? Wann bin ich im Flow und kann dieser Welt wirklich das Beste von mir geben?

Ich war schonungslos ehrlich mit mir selbst und erkannte, dass ich auch in meiner Selbständigkeit noch einmal einen Kurswechsel vor mir hatte. Ich war – auch durch die Erkrankung – förmlich aus meinem ersten Business hinausgewachsen. Auch hier stand also ein Wandel an. Und da jede Veränderung von Innen kommt, bevor sie ins Außen geht, war ich in dieser Zeit ziemlich viel mit mir beschäftigt. Schreiben blieb mein Medium, um zu Klarheit zu kommen. Ich schrieb weiterhin viel, aber nicht mehr öffentlich. Ich klärte für mich, was meine optimalen Arbeitsbedingungen sind, wie und wann ich so richtig in meinem Element bin und was ich dieser Welt Besonderes zu geben habe. Das Ergebnis werde ich euch sicherlich bald zeigen.

Die „Schreibblockade“ war also gar keine richtige Blockade, sondern vielmehr ein wertvoller Hinweis auf meine berufliche Zukunft. Ich bin froh, dass ich mich in diesem Punkt – weder von Außen noch von mir selbst – habe drängen lassen, irgendetwas zu veröffentlichen, nur um einen Rhythmus zu wahren. Ich bin froh, dass ich auf mich gehört habe. Im Vertrauen darauf, dass alles seine Richtigkeit hat und es sich zeigen wird, wofür es gut ist. Und genauso war es auch.

Und jetzt wo ich wieder im öffentlichen Schreib-Flow bin, wird sich zeigen, was hier auf „Goodbye Knötchen“ noch seinen Platz finden darf. Ich bin selbst gespannt.

Photo by Sandra Lotz.

 

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