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Alle guten Dinge sind drei – oder: Meine Intuition

Herzkissen

Am Freitag habe ich erfahren, dass ich ein drittes Mal operiert werden muss. Denn Knötchen ist noch nicht komplett draußen. Und obwohl alle Welt bedauert, dass ich drei Mal wegen ein und derselben Sache unters Messer muss, durchströmt mich selbst Gelassenheit. Denn: Überrascht hat mich diese Information nicht. Aber von vorne. 

Vor einigen Tagen hatte ich einen Traum. Ich saß im Gespräch mit der Ärztin und habe von ihr erfahren, dass meine OP-Ergebnisse gut sind. Denn nach der OP wird der Tumor noch einmal vollständig vom Pathologen untersucht. Es wird z. B. geprüft, wie sehr sich das Tumorgewebe vom Normalgewebe unterscheidet. Außerdem wird untersucht, ob die Lymphknoten befallen sind und ob der Tumor im Ganzen, mit sauberen Rändern, entfernt wurde. In meinem Traum habe ich erfahren, dass alle „wichtigen“ Merkmale des Tumors nach der pathologischen Untersuchung den Ergebnissen entspricht, die ich bereits nach der Biopsie (Gewebeentnahme) erhalten hatte. Das ist eine sehr gute Nachricht. Denn das bedeutet, dass sich nichts verschlechtert hat und im Grunde die bereits bekannten Ergebnisse durch die Entfernung des Tumors bestätigt wurden. Und diese sind – für eine Krebserkrankung – gut, was bedeutet, dass von einer Heilung ausgegangen wird.

Nach dem Aufwachen habe ich mich sehr bewusst an diesen Traum erinnert. Er war nicht lang und an Details konnte ich mich nicht erinnern. Ich spürte nur, dass der Termin in der Klinik gut verlaufen würde. Dementsprechend war ich dieses Mal nicht aufgeregt und bin mit viel Gelassenheit in das Brustzentrum gefahren. Und so verlief es dann auch. Es ist alles gut. Die pathologische Untersuchung brachte keine neuen Erkenntnisse hervor. Gleichzeitig hatte ich aber so eine Ahnung. Irgendwas sagte mir, dass ich nochmal nachoperiert werden muss.

Mit meinen Ahnungen ist das immer so eine Sache. Ich scheue mich davor, sie auszusprechen. Denn im Sinne der „self-fulfilling prophecy“ (selbsterfüllenden Prophezeiung) habe ich Bedenken, dass sie sich erfüllen werden, wenn ich sie laut verkünde. Daher spreche ich maximal nur über das Gute, was ich träume oder erspüre. Und manchmal nicht mal über das. Denn wie viele Menschen schauen einen verwundert an, wenn man ihnen erzählt, dass man einen Traum hatte, an den man glaubt?

Und das, was vielleicht weniger gut ist? Behalte ich für mich.

Seitdem es Knötchen in meinem Leben gibt, staue ich immer wieder, wie viele Ahnungen sich bewahrheiten. Denn ich habe nach der Biopsie gespürt, dass Knötchen bösartig ist – und so ist es. Und ich habe gespürt, dass ich nochmal operiert werden muss. Auch dies wird jetzt eintreffen. Gleichzeitig träume ich sehr bunt und vielfältig. Der Traum vom Gespräch ist nicht der erste und einzige, der so realistisch ist, dass ich an ihn glaube. Es gab weitere Träume in den vergangenen Wochen, die mir sehr klar aufzeigten, wie ich mich verhalten soll.

Noch bin ich manchmal unsicher, ob ich dem Ganzen so trauen kann. Die Beschäftigung damit ist mir nicht gänzlich neu. Als Coach und Psychologie-Interessierte habe ich mich natürlich schon oft mit dem Thema „Intuition“ auseinander gesetzt. „Höre auf deinen Bauch“ und „Tue das, was sich richtig anfühlt“ – diese Aufforderungen sagen nichts anderes aus, als auf sich und seine Intuition zu vertrauen. Ganz sicher habe ich diese Sätze auch schon verwendet.

Aber was ist eigentlich diese Intuition?

Vereinfacht ausgedrückt gelingt es uns mit Hilfe unserer Intuition, Sachverhalte zu verstehen oder Entscheidungen zu treffen – ohne dafür unseren rationalen Verstand zu gebrauchen. Wir holen damit Unterbewusstes hoch, spüren im Herzen, was gut für uns ist oder entscheiden aus dem Bauch heraus. Jeder von uns hat schon mal eine Ahnung gehabt, was in einer bestimmten Situation zu tun ist. Das Interessante ist nur, was dann passiert. Hast du darauf gehört, was dir dein Bauch oder dein Herz zugeflüstert hat? Oder hast du versucht, sachliche Argumente zu finden? Denn häufig sind wir so darauf geeicht, unseren Kopf zu gebrauchen, dass wir genau das tun. Wir spüren, dass sich etwas besser für uns anfühlt – und wenn es nur die Entscheidung ist, dass wir jetzt besser Feierabend machen sollten. Und sofort setzt der Verstand ein und spricht zu uns. „Die Präsentation muss bis morgen fertig werden. Bringe sie besser jetzt zu Ende, dann hast du es hinter dir.“ So oft hören wir eben nicht darauf, was uns unser Unterbewusstsein zuraunt. Dabei ist überhaupt nicht gesichert, dass wir nicht morgen mit frischer Energie die Arbeit viel besser abschließen können. Und unsere Intuition uns genau dies gerade signalisiert.

Im Job höre ich, wo immer ich kann, schon sehr lange auf meinen Bauch. Ich habe ein gewisses Gefühl in Bezug auf bestimmte Vorgehensweisen, dem ich auch mittlerweile bewusst nachgebe. Denn es hat sich in den letzten Jahren fast immer bewahrheitet. Und zusätzlich habe ich nach falschen Entscheidungen oft gemerkt, dass ich eben nicht auf meine innere Stimme gehört habe, die mir schon lange vorher zugeflüstert hat, was zu tun ist. In meinem männlich geprägten Umfeld ist dies jedoch nicht immer möglich, da sachliche Argumente verlangt werden.

Und im Privaten, mit Knötchen?

Gerade jetzt, wo ich erkrankt bin, gebe ich meinen Gefühlsregungen, Ahnungen und Träumen noch sehr viel Raum. Ich spüre geradezu, dass meine Krankheit mir u. a. genau dies sagen und zeigen soll. „Höre auf dich“, flüstert mir Knötchen zu. Und ich meine sogar, eine gewisse Vehemenz zu spüren. Vielleicht sagt er sogar „Höre ENDLICH, ENDLICH auf dich (und nicht auf die anderen)“. Auch, wenn es sich um meine Lieben handelt, die gewiss nur das Beste für mich wollen.

Aber sollte nicht vor allem ich selbst wissen, was das Beste für mich ist?

Meine Intuition bahnt sich also ihren Weg auf unterschiedliche Art und Weise. Wenn ich sie zu lange ignoriere, schickt sie mir Signale, z. B. in Form von Schnecken. Da ich seit der Diagnose länger und besser schlafe, besucht sie mich in meinen Träumen. Und es kann auch passieren, dass mich plötzliche Gefühlsregungen überkommen, denen ich auf-Teufel-komm-raus nachgeben will. Auch wenn ich mich damit vielleicht etwas peinlich verhalte. Dies nehme ich in Kauf. Das ist besser als gegen mein Bauchgefühl zu handeln.

Gleichzeitig sorgt meine Intuition dafür, dass ich ein großes Urvertrauen in Bezug auf meine Erkrankung besitze. Tatsächlich denke ich nie darüber nach, ob ich wieder gesund werde. Denn ich spüre, dass ich wieder geheilt sein werde. Schon bald sogar. Ich nutze meine Intuition dafür, wie ich wieder gesund werde. Was tut mir gut? Was will ich dafür tun? Was nicht? Hier hilft sie mir und unterstützt mich.

Und obwohl wir immer besser zueinander finden, so ist es doch etwas ungewohnt für mich, ihr blind zu vertrauen. Auch ich bin aufgrund meiner Ausbildung und jahrelangen beruflichen Tätigkeit manchmal gefangen.

Gefangen in Analysen, Szenarien und Strategien.

Bin es gewohnt, umfassend zu recherchieren. Dann Kriterien aufzustellen und neutral zu bewerten. Ich ziehe gerne Studien unabhängiger Gesellschaften zu Rate, wenn es darum geht, meinen Chefs die perfekte Entscheidung zu präsentieren. Egal, was mein Bauch dazu sagt.

Und in Bezug auf meine Heilung ist die Chance sowie das Risiko einfach höher. Was, wenn ich einem falschen Gefühl vertraue? Wenn ich meine, etwas zu erkennen, was gar nicht da ist? Wenn mir meine Intuition womöglich einen Streich spielt?

Kann ich meiner Intuition also zu 100 % vertrauen?

Auch jetzt traue ich mich noch nicht, einige andere Dinge, die mir mein Unterbewusstsein zuflüstert, öffentlich zu machen. Ich spüre noch mehr, als das, was ich hier gerade schreibe. Gutes wie weniger Gutes. Noch habe ich Angst, dass sich Ahnungen bewahrheiten. Habe Angst vor Schmerzen und davor, sehr klar Position beziehen zu müssen. Entscheidungen zu treffen, die vielleicht nicht jeder nachvollziehen kann.

Der bewusste Einsatz meiner Intuition ist somit eine Reise. Eine Reise zu mir selbst. Eine Reise zu einer tiefer gehenden Selbstsicherheit, stärker und verbindlicher als alles, was ich bisher erlebt habe.

Also gehe ich für den Moment erstmal weiter – Schritt für Schritt. Klemme mir wieder mein Herzkissen unter den Arm, gehe am Mittwoch zur 3. OP ins Krankenhaus und schaue, was kommt. Und vielleicht – nur vielleicht – gibt es zu diesem Artikel bald ein Update.

Mal sehen, was meine Intuition dazu sagt 🙂

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